Hallo zusammen,
bei der Ratssitzung am letzten Montag, wurden einige für Rheinbach bedeutende Entscheidungen getroffen. Es gibt daher in der nächsten Zeit einiges zu berichten.
Beginnen möchte ich jedoch mit einem Tagesordnungspunkt, der am Ende keiner war, aber zu dem einige Zuschauende gerne etwas gehört hätten: „Die Stärkung des Umwelt- und Klimaaspektes im Rheinbacher Stadtwald.“ Wie Ihr vielleicht der Presse entnommen habt, vertreten grünschwarz und die Fraktionen von SPD, UWG und FDP unterschiedliche Auffassungen zu diesem Punkt.
Um was geht es?
Hauptstreitpunkt ist der Beschluss über die „Herausnahme einer Teilfläche von möglichst 20% (ca. 160 ha) aus der Bewirtschaftung, bevorzugt im FFH/Naturschutz-Gebiet“. Das Wort „möglichst“ findet sich nicht im ursprünglichen grünschwarzen Antragstext, sondern wurde als Zugeständnis an die anderen Fraktionen im Laufe der Diskussion hinzugefügt (wie großzügig 😉). Allerdings wurde dabei wortreich betont, dass die 20% weiterhin das Ziel sein. Wie man auf diese Zahl kommt, wurde allerdings nicht gesagt.
Warum ist dieser Punkt so strittig?
Sowohl Stadtförster als auch der zur Sitzung eingeladene Leiter des Regionalforstamts Rhein-Sieg-Erft sahen diesen Punkt aus fachlicher Sicht kritisch und rieten dringend davon ab, eine so große Fläche aus der Bewirtschaftung zu nehmen. In einem ausführlichen Vortrag, in dem auf die Besonderheiten im Rheinbacher Stadtwald eingegangen wurde, wurde dargestellt, warum eine solche Maßnahme für den Rheinbacher Stadtwald nicht angezeigt ist.
Der Stadtförster schlug daher als Kompromiss vor, zunächst konkret zu ermitteln, wie hoch der Anteil der Flächen sei, die bereits jetzt nicht bewirtschaftet werden, weil sie z.B. zu schwer zugänglich sind, um dann zu entscheiden, ob und welche konkreten Bereiche sinnvoll aus der Bewirtschaftung genommen werden könnten.
Das Ergebnis der Diskussion ist bekannt: SPD: UWG und FDP waren bereit, dem Expertenrat zu folgen, grünschwarz jedoch nicht. So fiel die Entscheidung im Ausschuss denkbar knapp mit 7:6 für die Herausnahme der Flächen aus.
Ihr könnt Euch denken, dass ich mit dieser Entscheidung nicht einverstanden bin. Schließlich ist sie gegen den eindeutigen Rat der zuständigen Fachleute gefallen und man war nicht bereit ihre Argumente auch nur ansatzweise zu berücksichtigen. Zudem fiel seitens der Befürworter mehrfach der Satz, dass man das (die Herausnahme der Flächen) gerne „ausprobieren“ wolle. Dabei handelt es sich jedoch um ein Experiment, welches über Jahre und Jahrzehnte laufen wird. Anders als ein Verkehrsversuch, bei dem man eine andere Verkehrsführung oder Parkregelung für einige Monate ausprobieren und im Zweifel wieder leicht rückgängig machen kann, ist dies bei dem Wald nicht oder nur schwer möglich.
Darüber hinaus ist der gefasste Beschluss aus meiner Sicht zu ungenau und lässt viele Fragen offen. So konnten die antragstellenden Fraktionen zum Beispiel die Frage danach was mit kürzlich aufgeforsteten Bereichen innerhalb der geeigneten Bereiche passieren soll (weiterpflegen oder sich selbst überlassen?) nicht beantworten. Auch der Umgang mit den Waldwegen in diesen Gebieten wurde nicht abschließend geklärt. Wenn man sich schon dazu entscheidet, etwas entgegen dem Rat der zuständigen Fachleute von oben zu verordnen, sollte man auch konkrete Vorgaben über das „wie“ machen. Das fehlt mir an dieser Stelle.
Nicht nur mit Blick auf den Antragsinhalt halte ich die Entscheidung für falsch, sondern auch mit Blick auf die fehlende/ unzureichende Bürgerbeteiligung.
Dem Ausschuss für Umwelt und Mobilität gehören 13 Personen an. Davon sind 8 Ratsmitglieder. Es ist also nur ein Bruchteil des Rates, der eine so grundsätzliche und weitreichende Entscheidung allein trifft. Auf Grund der grundsätzlichen Bedeutung dieser Entscheidung hätte sie meiner Meinung nach mindestens in den Rat gehört. Noch besser wäre es meiner Meinung nach gewesen, die Rheinbacher Bürgerschaft zu beteiligen. Die in den sozialen Medien und in einer Reihe von Leserbriefen gemachten Äußerungen machen deutlich, dass man die Art, wie die Entscheidung gefällt wurde, kritisch sieht. Durch ein mehr an Bürgerbeteiligung könnte man hier leicht Abhilfe schaffen.
Alle im Rheinbacher Stadtrat vertretenen Parteien haben sich in der jüngsten Vergangenheit für ein mehr an Bürgerbeteiligung ausgesprochen. Der Stadtwald als öffentliche Einrichtung (was er im kommunalrechtlichen Sinne ist) hat für alle Rheinbacherinnen und Rheinbacher eine besondere Bedeutung, daher sollten Sie auch bei dieser Entscheidung besondere Berücksichtigung finden (Wenn man Angst vor einem Bürgerentscheid hat, kämen ja zumindest informelle Beteiligungsverfahren in Betracht.)
Die Entscheidung ist nicht nachhaltig.
Ja, Ihr habt richtig gelesen. Aus meiner Sicht ist die Entscheidung nicht nachhaltig. Dies meine ich nicht unter ökologischen Gesichtspunkten, sondern in Form einer politischen Nachhaltigkeit. Es ist bei uns auf allen politischen Ebenen gute gelebte Praxis, bei grundlegenden, schwierigen und umstrittenen Entscheidungen nach Lösungen zu suchen, die fraktionsübergreifend von einer breiten Mehrheit mitgetragen werden. So stellt man sicher, dass getroffene Entscheidungen auch bei einer Änderung der politischen Mehrheitsverhältnisse weiterhin Bestand haben und auch in weiten Teilen der Bürgerschaft Akzeptanz finden. In diesem Fall wurde die Entscheidung sehr einseitig gegen erhebliche Widerstände durchgedrückt. Was passiert also, wenn die „Kooperation auf Zeit“ der Ratsmehrheit endet? Oder die nächsten Wahlen andere Mehrheitsverhältnisse bringen?
Nur damit wir uns falsch verstehen: Die im Antrag enthaltenen Ideen habe in Teilen etwas für sich. Daher ist es nicht verwunderlich, dass einige Beschlusspunkte unstrittig waren. Leider ist der sprichwörtliche Sack voll Gold auf der Mitte des Tisches liegen geblieben, weil die notwendige Kompromissbereitschaft in diesem einem Punkt nicht vorhanden war.
Die Idee, Aspekte des Umwelt- und Klimaschutzes im Rheinbacher Stadtwald mehr zu berücksichtigen, finde ich gut, auch wenn der Wald bereits zertifiziert nachhaltig bewirtschaftet wird. Aus den vorgenannten Gründen halte ich das Projekt „Urwald im Stadtwald“ jedoch in der beschlossenen Form für nicht geeignet und hoffe, dass die weitere Diskussion zu dem Thema eine Lösung bringt, die von einer breiten Ratsmehrheit und der Bürgerschaft mitgetragen werden kann.
Die vom Stadtförster vorgeschlagene Vorgehensweise halte dabei für sehr sinnvoll und für den richtigen Weg.
So, genug für heute.
Viele Grüße
MiRo